Überraschend
majestätischer Doom aus dem
Pott.
Da trifft man nach langer Zeit und schon eher
fast zufällig Christian „Schnitti“ Schnittker auf
einem Konzert und bekommt eine CD in die Hand
gedrückt. „Oh, du bist wieder aktiv?“, so meine
Frage. „Ja genau, bei
Lux Serpent“ so seine Antwort. Lux wer? So
geistert es im Kopf, eine Erinnerung an
Failed Perfection spült sich an die
Gedächtnisoberfläche, gleich drei Showberichte
hatten wir schon 2010 von den Bochumer Melodeathern
in die Annalen einfließen lassen können. Nun, der
Sprung nach Dortmund ist eh nur ein kleiner, die
Stadtgrenzen verschwimmen ja, doch musikalisch tun
sich da dann eher Welten auf, denn Lux Serpent
stehen für epischen Doom Metal.
Fast zum Glück kann man beim Artwork mit gelblicher
Grundausrichtung sagen, dass eben nicht schwarz als
Kontrastfarbe verwendet wurde – Fußballkenner werden
schon wissen warum. Das leicht sakrale Stilmittel
ist erst auf den zweiten Blick wirklich sichtbar,
vielmehr scheint die Welt bei der heiligen Messe für
die Verstorbenen in Trümmern zu liegen. Als kleines
schickes Digipak, leider ohne Lyrics, stimmt die
Aufmachung aber locker und die aufgerufenen 10 Euro
ist das Dingen dann auch mehr als wert.
Wer jetzt mal alle Bedenken wegen dem christlichen
Hintergrund beiseite fegt, wer sich neben all der
schwermetallischen Beschallung auch oder gerade auf
klassische Konzepte stürzen kann, dem sei gesagt,
dass sich jeder Fan dieser Lager in „Requiem“
wiederfindet. Und hey, wo es doch gerade so
besinnlich wird, warum nicht gleich beim Intro zum
Titeltrack einmal das Saxophon einbauen, ein im
Metal eher immer noch untypisches Element, dabei
haben seinerzeit die Crossover-Kings
Dog Eat Dog die Magie dieses Instruments
nachgewiesen. Getragener, erhabener Song, der da aus
den Boxen doomt, wo gerade das Saxophon, hier auch
in Kombination mit den Streichern, immer wieder
Akzente setzt und wo der harmonische, nicht
aufgesetzt wirkende Gesang gleich mal
Candlemass & Co. in Angst und Schrecken um die
eigenen Brötchen versetzen kann.
„Kyrie“ macht früh dann gleich mal deutlich, wie
sehr es die Dortmunder Jungs drauf haben:
Gänsehaut-Chöre, die nicht aus der Tupperdose
kommen, kann man gar nicht anders sagen, dazu die
geradezu majestätisch doomige Marschroute, die
erhaben mit enormen Tiefgang reichlich episch
Maßstäbe setzt. Fast schon surrealistisch, wie
Lux Serpent zuerst das Saxophon in „Tuba Mirum“
nutzen, fast schon bedrohlich immer wieder
aufblitzend, episch doomig erhaben, dazu der leicht
verfremdete Gesang – kurzweilige Klassik im neuen
Gewand.
Ganz besonders müssen aber nochmals die Chöre
erwähnt werden, da die Songs u.a. dadurch auch einen
extrem hohen Wiedererkennungswert erlangen und diese
die Erhabenheit besonders unterstreichen. Ganz weit
voraus ist da nämlich „Rex Tremendae“, noch einen
Tacken intensiver kommt „Dies Irae“ um die Ecke –
einfach nur ganz großes Kino, das dürften auch große
Produktionen kaum besser arrangieren könne, die
Dortmunder aber machen das mal eben in Eigenregie.
Wenn so einem die Messe gelesen wird, dann darf man
auch als Metaller gefangen sein.
Auch zum Ende hin ist kein wirklicher
Spannungsabfall oder Gewöhnungs- und
Abnutzungseffekt zu erkennen. Hier mal das Saxophon
als Klampfensoloersatz, dort zarte Pianotupfer wie
in „Agnus Dei“, fertig ist die Totenmesse, die so
lebendig erscheint und dem nagenden Zahn der Zeit
eher Zahnfleischbluten verpasst. Wenn
Lux Serpent das Konzept jetzt noch auf die Bühne
bringen können, dann dürfte das doomige
Schwergewicht aus Dortmund kaum aufzuhalten sein.
Bis dahin darf man sich aber mit „Requiem“ auch in
den heimischen vier Wänden vergnügen.
Jörg Müller